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Reiner Schwarz (2012)

Reiner Schwarz (Geboren 1940 in Hirschberg/Riesengebirge) ist ein deutscher Maler, Lithograf und Zeichner. Er lebt und arbeitet in Berlin. Seine Werke befinden sich unter anderem im Besitz internationaler Museen.

„… es sind Räume, in denen die Menschen gelebt haben, ihre Spuren hinterließen und die Räume prägten. Die Gegenstände wurden im Gebrauch durch Menschen selbst zu Individuen, sie tragen die Erinnerung an diese Menschen in sich. Mein Respekt gilt den Gegenständen und den Menschen, die ich nicht kannte und die ich nicht darstelle, die diesen Gegenständen aber Leben gaben.“ Der Kunstwissenschaftler Helmut Börsch-Supan schrieb zu diesen Zeichnungen: „Reiner Schwarz zeigt den Blick auf die Wirklichkeit, aus der der Mensch verbannt ist und nur das zu sehen ist, was er angerichtet hat … Seine Botschaft ist sanft, aber subversiv. Sie ist Widerstand gegen die unmenschliche Schnelligkeit der Maschine. In den Bildern wird für einen anderen Umgang mit der Zeit und damit auch mit dem Leben plädiert.“

Prof. Dr. Edwin Kratschmer über Reiner Schwarz
Zeichner allein wolle er nicht sein, sondern ein Deuter, Umdeuter, Neudeuter, ein Metaphoriker, der Mutanten kreiert und damit so noch nicht gesehenes Allbekanntes und scheinbar Banales zur Anschauung bringt, das eben dabei ist, in die Ewigkeit zu wechseln; eben der langkurze Augenblick einer allzu flüchtigen Gegenwart, einer Natur neben der Natur, einer Realität neben der Realität. Es ist daher ein subversiver Realismus, der unser Alltagsdenken in Frage stellt, der die Din­ge mittels überfeinerter Akkuratesse einem raschen Zugriff verweigert, der das Erken­nen hintertreibt, die Welt denaturiert und zu Vexierbild umschmilzt; einer, der Sinnände­rung betreibt, die Semantik kippt, das bis­lang Bekannte ins Schleudern bringt, der auf diese Weise das Klare mittels Überklarung verklärt und das Vertraute verfremdet. So entstehen Zustandsberichte momenta­ner Befindlichkeiten, wie sie sich über Tage hin auf der langlangen Bank hoher Zeichen­kunst ansammeln und sich dann in einer Zeichnung entladen. – Und das alles mitge­teilt mittels versierten Könnens, perfekten Handwerks, hoher zeichnerischer „altmeisterlicher” Meisterschaft und ambivalierender Fantasie, die aus tiefen Erschütterungen resultiert.
Und jedes Ding ein Mittelpunkt der Welt und nichts existiert scheinbar außer ihm! Diese Zeichnungen sind letztendlich Ding­gedichte, die die Dinge so darstellen, als be­fänden sie sich in einem Monolog mit und über sich selbst. Das Ding wird zu gewich­tigem Wesen, zu faszinierender Kreatur. Stille herrscht. Der Mensch ist gegangen, das Ding ist geblieben und sperrt sich nun einer einfachen Definierung. Es hat sich von seiner Natur losgesagt, will nichts mehr ab­bilden, sondern das scheinbar Harmlose mit Bedeutung beladen. Und das mit voller Absicht oft auf gewöhn­lichem Packpapier, weil die grobe Körnung jeden Strich subversiv unterlaufe und alles Artifizielle von Vornherein konterkariere.
Mit seinem Spätwerk befindet er sich selbst im Alter des Entschwindens. Da ist man auf Elementares und Existenzielles aus und ist offenbar angelangt bei einer Ästhetik der autonomen “Natura Morta” und Memorial.